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Ich habe meinen Augen nicht getraut… | 5 Fragen an Benedikt Hipp

Ihre letzte Ausstellung im Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen, bestand aus Gemälden, Skulpturen und Installationen. In welcher Beziehung stehen Ihre Werke zueinander?

Die Arbeiten sind im Bezug zueinander entstanden, jedoch wurde ihre Beziehung erst durch ihr Gefüge im Museum sichtbar, da das Atelier immer nur das Auftauchen weniger Werke zuließ. Das Gefüge verhält sich anders als ein Anordnen oder Anreihen diverser Arbeiten. Unter anderem habe ich durch die architektonischen Eingriffe in den Ausstellungsraum versucht, verschiede Beziehungen homogener und heterogener Art zu schaffen, ohne jedoch die Singularität der Arbeiten aufzugeben.  Die Beziehungen, die Dinge in ihrer Erscheinung mit anderen Dingen eingehen, spielten für mich eine größere Rolle als die Unterscheidung derer in ihre künstlerischen Disziplinen.

 

Der Titel der Ausstellung lautete „Ich habe meinen Augen nicht getraut, auch meinen Ohren nicht“, auch ihre Werktitel sind mitunter ziemlich lang wie bei der Installation „The place to meet, the place to pray, the place to kiss, and self x-ray” und erregen sofort Neugier oder Irritationen. Welche Bedeutung haben die Titel für die einzelnen Werke?

„The place to meet….“, ist eine ortspezifische Arbeit, in der es um eine Quelle geht, auf die man beim Eintreten in die Ausstellung trifft, und zu der, wenn man so will, man am Ende der Ausstellung wieder zurückkehren konnte (also „loopen“). Die Idee des Aufsuchens oder Wiederaufsuchens eines Ortes, gleich einem Ritual, lag dabei der Arbeit zugrunde. Ich bin sehr an Sprache interessiert und stelle fest, dass diese in unterschiedlichen Formen immer mehr Einzug in mein Arbeiten hält. In diesem Fall sind es auch Titel die ihren Beitrag dazu leisten.

 

Die Figuren auf ihren Gemälden sind meist „gesichtslos“, oft unheimlich. Auf jeden Fall bewegen sie den Betrachter. Sind Ihre Werke narrativ? Gibt es in ihnen Geschichten zu entdecken?

Bisher geht es in meinen Arbeiten um Einzelfiguren. Insofern spielt sich Narration in Form von Malerei ab und weniger im „Motiv“. Oder anders gesagt, wenn es Narration gibt dann wird sie eher durch ein „wie“ als durch ein „was“ hervorgerufen. Es ist also eher die Malerei und deren Potenzial gleich der Überlegung eines ungegenständlichen Gemäldes als Figur. Weiter gibt es auch zu beachten, dass ein Gemälde / Bild einen statischen Moment darstellt. Narration beschreibt eine Bewegung, deren Erzähl – oder Denkstruktur immer auch von Seiten des Betrachters abhängt.

 

Auch organische Formen finden sich immer wieder auf den Bildern und auch als Teil von Skulpturen, teilweise erinnern sie an klassische Torsi der Antike, aber auch an Organe oder Zellen. Was oder auch welche Fragen inspirieren sie?

Die Ausstellung war als eine Sozietät, als System konzipiert, dessen Teil der Betrachter wurde, durch seine osmotische Bewegung durch das Ganze hin zum organischen Einzel. Hierfür habe ich sämtliche Zwischenwände des Museums ausbauen lassen und die tragenden Teile der Architektur freigelegt. Danach folgte eine Neuordnung des Raumes, in der es mir auf die Singularität und die Beziehung und Organisation im Gefüge ging. Körperhöhlen stellen die nächste kleinere Einheit da, die wiederum Raum und Ort für Organe geben. Zellen geben Formen an, sind aber durchlässig. Ein architektonischer Eingriff zur Neuordnung des Museumsraumes  war die Verwendung eines transluziden Lamellenvorhangs, der gewissermaßen im Zentrum eine Zelle bildete. Die Arbeiten im inneren dieser Zelle, tragen den Appendix (pneumopatholgische Studien) im Titel und beziehen sich auf den Philosophen Eric Voegelin, und dessen Überlegungen seiner Pneumopathologie [Anm: eine Lehre vom Verlust des Geistes und den damit verbundenen Verfallserscheinungen] und des kontrahierten Selbst.

 

Das neue Buch ist nicht Ihre erste Publikation, wie wichtig sind Ihnen Bücher in der heutigen Zeit? Was macht ein Kunstbuch für Sie besonders?

Die Druckergebnisse heute sind von hoher Qualität und die Auswahl an diversen Papieren und Druckmöglichkeine enorm. Das Kunstbuch hat schon längst den reinen Dokumentationscharakter überwunden, hin zu einer eigenen Form. Und wenn ein Buch gut gemacht ist, macht es viel Freude, dies immer wieder anzusehen. Es definiert, über den Erscheinungsanlass hinaus, einen ganz eigenen und zeitlich nicht begrenzten Raum.

Das Interview führte Michelle van der Veen.

 

Zur Person

Benedikt Hipps teilweise großformatigen Tafelgemälde haben eine starke Wirkung auf den Betrachter. Seine erstaunlichen Werke fertigt er in geradezu altmeisterlicher Technik, mit Ölfarben auf Holztafeln gemalt und sorgfältig gefirnisst. Typisch ist eine düstere, ins Fantastische entrückte Anmutung, die auf den ersten Blick an den Surrealismus erinnert. Figuren werden hier auf verstörende, traumhafte Weise verfremdet, kombiniert und inszeniert. Hipps Bilder und raumgreifende Installationen entfalten dabei eine suggestive Kraft, die den Betrachter vollkommen in ihren Bann zieht. Mehr zur Benedikt Hipps aktuellen Arbeiten gibt es hier.

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