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ANJA PUTENSEN | DIE HEIDE (THE HEATH)

Anja Putensen ist in der Lüneburger Heide aufgewachsen. Nun hat die Fotografin der Landschaft ein Buch gewidmet – Die Heide (engl. The Heath). Ihre Arbeiten strahlen auf den ersten Blick vor allem eines aus: eine Ruhe, die fast greifbar ist. Es passiert nicht viel auf den Bildern, mal steht da ein Haus, mal weiden ein paar Schafe, mal ist ein Zaun zu sehen, mal ein Weg oder ein paar Steine oder Bäume, die schief stehen oder umgefallen sind, und doch ist die Atmosphäre so eindrücklich, dass man aufmerksam hinschauen will, um nichts zu übersehen. Man will die Heide ergründen, will mehr über sie wissen, denn die schleichenden Bewegungen in den Bildern erwecken den Eindruck, dass dort mehr vor sich ging. Da ist diese Ahnung, dass mehr dahintersteckt, als auf Anhieb unter klarem oder bedecktem Himmel oder auf von Nebelschwaden umhüllten Hügeln zu erkennen ist – da ist diese trügerische Stille, eingebettet in eine Landschaft, die viel zu erzählen hat.

Anja Putensens Fotografien zeigen mehr als nur Landschaft. Nicht umsonst trägt das Fotobuch den Untertitel Erinnerungsgeschichten einer historischen Kulturlandschaft und die Anmerkungen im Buch bestätigen den Verdacht. Ein Foto, auf dem einzelne Steine aus dem Boden ragen, offenbart sich als Frühgeschichtliches Gräberfeld – Oldendorfer Totenstatt, ein anderes zeigt das Gelände des ehemaligen KZ Bergen-Belsen, auf dem auch der Grabstein von Anne Frank steht.

Die Heide trägt also viel Geschichte in sich, sie speichert Erinnerungen, die Anja Putensen in ihren Fotografien auf wundersam wirkungsvolle Weise eingefangen und festgehalten hat.

 

Um noch mehr über dieses wunderbare Fotobuch zu erfahren, sprach Verena Simon mit der Künstlerin über ihre Arbeit.

Wie entstehen die Ideen für Deine Fotoprojekte?

Meistens gibt es literarische Grundlagen, die die Fotoprojekte anregen. Sie schaffen Bilder in mir, die ich dann außen suche, so war das auch bei meinen bisherigen Publikationen „Zauberberg“ und „Abschiedsbriefe“. Im Fall der „Heide“ ist es so, dass ich dort aufgewachsen bin. Als Kind habe ich mir zu jedem Wacholder etwas vorgestellt, besonders im Halbdunkeln sahen die Sträucher wie Fantasiewesen aus. Einerseits waren sie unheimlich, andererseits hatten sie auch etwas Anziehendes. Die Heide ist eine sehr ästhetische Landschaft, sie hat aber auch eine sehr abgründige Seite, beispielsweise das KZ Bergen-Belsen, die Militärnutzung, die Kriegsbunker, die Kriegsgräberstätte Becklingen War Cemetery und vieles mehr. Und sie ist auch keineswegs nur eine HDR-Lila-Landschaft.

Was siehst Du in der Heidelandschaft?

Ich fühle mich der Landschaft sehr verbunden. In mir habe ich eine komplette Topographie der Gebiete der Nordheide. Ich kann die Augen schließen und weiß, wo sämtliche Bäume und Sträucher sind, ich sehe einzelne Landschaftsszenen in den unterschiedlichsten Jahreszeiten. Ich bin der Landschaft durch die Fotoarbeit noch näher gekommen und ebenso habe ich mich von ihr distanziert, weil ich während des Projekts auch sehr abgründige Dinge erlebt und entdeckt habe, zum Beispiel eine Bustour zu einem Truppenübungsplatz oder kriegsverseuchte Gebiete, die noch immer absolutes Sperrgebiet sind. Ich durfte mich auch trotz vieler Anträge bei der Bundeswehr nur im Rahmen der normalen Öffentlichkeit bewegen.

Wie und warum hast Du genau diese Orte in der Heide für Deine Fotografien ausgewählt?

Ich habe mich über die Geschichte informiert, und dadurch waren es markante aussagekräftige Orte für mich. Und ich habe intuitiv persönliche Orte ausgewählt. Es gibt so eine Stimmung, die das Buch durchzieht, die sich zwischen Schönheit, Düsterheit und auch Abgründigkeit bewegt. Ein idealisierendes Bild, das gebrochen wird. Mir war wichtig, etwas anderes als die üblichen Bilder zu zeigen, die häufig über die Landschaft zu finden sind und ein ziemlich einseitiges „Touristenbild“ prägen.

Text und Interview: Verena Simon

 

         

 

Anja Putensen
Publikation Die Heide | The Heath

Herausgeber: Anja Putensen
Gestaltung von Kathrin Haas
ISBN 978-3-7356-0315-9

Mehr Informationen zu Anja Putensen finden Sie hier.

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