Welcome to

Kerber Blog

Home / ART / NO!art | Boris Lurie im Jüdischen Museum Berlin

NO!art | Boris Lurie im Jüdischen Museum Berlin

Das Jüdische Museum Berlin widmet dem NO!art-Künstler Boris Lurie und seiner radikalen künstlerischen Auseinandersetzung mit dem 20. Jahrhundert eine große Retrospektive (26.2. – 31.7.2016). Lurie forderte von der Kunst und dem Kunsthandel politische Relevanz ein. Mit seinen viel diskutierten und umstrittenen Arbeiten klagt er eine Gesellschaft an, die der Auseinandersetzung mit Menschheitsverbrechen aus dem Weg zu gehen schien, indem sie ihre Zeugnisse zwischen Werbung und Alltagsbanalitäten verpackte. Mit diesem Anspruch sind Luries Werke heute immer noch aktuell.

Luries Collagen konfrontieren den Betrachter mit der fragwürdigen Rezeption der Schoa in der Nachkriegszeit und provozieren »Entsetzen und Faszination« (Volkhard Knigge). Denn Lurie verbindet den Ekel gegen eine Menschheit, die zu millionenfacher Vertreibung und Massenmord fähig war, mit dem Abscheu vor einem selbstgefälligen Kunstbetrieb, der mehr am finanziellen Gewinn als an der künstlerischen Aussage interessiert ist.

Boris Luries Leben

Boris Lurie, der 1924 als Sohn einer jüdischen Familie in Leningrad geboren wurde und in Riga aufwuchs, überlebte gemeinsam mit seinem Vater mehrere Ghettos und Konzentrationslager, unter anderem Stutthof und Buchenwald. Seine Mutter, Großmutter, jüngere Schwester und seine Jugendliebe wurden 1941 bei einer Massenerschießung im Wald von Rumbula ermordet. Diese Erfahrungen haben Boris Luries Leben nachhaltig geprägt.

1945 erlebte er die Befreiung der Konzentrationslager in einem Außenlager von Buchenwald in Magdeburg-Stattfeld. 1946 wanderte er mit seinem Vater nach New York aus. Zunächst hielt er seine Erfahrungen und Erinnerungen an die Lagerzeit in Zeichnungen und Aquarellen fest. Gegen Ende der 1950er Jahre änderte er seine Formensprache jedoch radikal und erstellte ab diesem Zeitpunkt Collagen mit Fotos aus den befreiten Konzentrationslagern. Zeitgleich gründete er 1959 gemeinsam mit befreundeten Künstlern (Sam Goodman und Stanley Fisher) die NO!art-Bewegung, die sich dem Abstrakten Expressionismus und der Pop-Art, vor allem aber der Ökonomisierung der Kunst entgegenstellte und sich politischen Themen wie etwa Rassismus, Sexismus und Konsumkultur widmete. Die Bewegung vereinte dabei diverse Kunstrichtungen und zeichnete sich vor allem durch eine gemeinsame politische Haltung aus, die Lurie maßgeblich mitgeprägt hat. Gemeinsam organisierten sie in den 1960er-Jahren Ausstellungen im New Yorker East End, wo Boris Lurie die Räume der geschlossenen March Gallery übernommen hatte.

Boris Lurie starb am 7. Januar 2008 in New York.

Die begleitende Publikation

Bis heute ist die NO!art-Bewegung in der Kunstgeschichte kaum rezipiert worden. Ebenso fehlen retrospektive Museumsschauen fast gänzlich. Zur großen Retrospektive von Boris Lurie in Deutschland erscheint nun eine umfangreiche Publikation in zwei Sprachausgaben (deutsch und englisch). Auf 111 Seiten-Bildteil zeigt das Buch eine Übersicht der Werke des Künstlers. Im zweiten Teil folgen sechs Essays, Luries Biografie und eine Liste seiner Ausstellungen.

Publikation: Keine Kompromisse! Die Kunst des Boris Lurie, Februar 2016
herausgegeben von Jüdisches Museum Berlin,
mit Texten von Cilly Kugelmann, Volkhard Knigge, Tal Sterngast, Gertrud Koch, Mirjam Wenzel, Mathias Reichelt, Eiko Grimberg.
Gestaltung: e o t – essays on typography

ISBN: 978-3-7356-0195-7

Weitere Artikel zu Boris Lurie finden Sie auf dem Blog des Jüdischen Museums.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

#Kerberverlag

>> <<