Welcome to

Kerber Blog

Home / Interview / Stillleben BRD | 5 Fragen an Christian Werner

Stillleben BRD | 5 Fragen an Christian Werner

Christian Werner

Ihr neues Buch heißt „Stillleben BRD“. Wie ist dieser Titel entstanden?

Das Wort „Stillleben“, gerade in der neuen Schreibart mit drei L, stand schnell fest, da es gleichermaßen die fotografische Gattung im Buch beschreibt wie für die Auseinandersetzung mit dem „stillen Leben“ meiner Großvatergeneration steht. Da es sich in meinem Buch um eine Annäherung an die Nachkriegsgeneration Westdeutschlands handelt, brauchte es noch den Zusatz „BRD“. Mir gefällt dabei auch der verwandte Klang zum Titel der ehemaligen Politsendung „Kennzeichen D“.

Das fotografierte Haus gehörte den Großeltern eines Schulfreundes, der zudem das Buch gestaltete. Wie persönlich ist das Projekt?
In der oberen Etage dieses Hauses habe ich mit Mario Biehs, dem Gestalter dieses Buches, zu Schulzeiten häufig abgehangen, Gitarre gespielt, Bier getrunken… Die Räume der Großeltern im unteren Bereich des Hauses sah ich aber Weihnachten 2014 zum ersten Mal.
Das Haus steht stellvertretend für viele andere Häuser dieser Art, die es in dieser Form nicht mehr allzu lange geben wird. Diese Wohn- und Lebenskultur jetzt noch festzuhalten, darin bestand der besondere Reiz dieses Projekts.

Die Bilder zeigen nicht das Haus als solches, sondern Ausschnitte, Fragmente eines Lebens. Wie haben Sie die Motive gewählt?
Mein Interesse bestand explizit darin, die Dinge in ihrer vorgefundenen Anordnung und Materialität in Szene zu setzen. Gegenstände, die über sich selbst hinausweisen, eine Geschichte haben und Geschichten erzählen können über eine typisch provinzielle, westdeutsche Nachkriegsbiographie.
Der Verzicht auf Totalen und ganze Raumansichten schützt zudem die Privatsphäre. Es wird Einblick gewährt, aber der Betrachter wird nicht „ganz“ ins Haus eingelassen.

Wie wichtig ist Ihnen das Medium Buch in den heutigen Zeiten der Digitalisierung?
Ein Buch ist ein Buch ist ein Buch. Daran ändert auch die Digitalisierung nichts.

Kürzlich ist auch ein anderes Buch erschienen, in dem Sie sich mit der Geschichte der Bundesrepublik befassen. Wo und was haben Sie dafür fotografiert und in wie fern unterscheidet sich das Projekt von „Stillleben BRD“?
In „Bauformen des Gewissens“, das im Januar 2016 im Kröner Verlag erschienen ist, richtet sich der Blick auf das Außen des Hauses. Die Fotoarbeit begleitet einen lang angelegten Essay von Markus Krajewski und beobachtet am Beispiel von verkachelten Kölner Hausfassaden den Zusammenhang zwischen der Architektur des Wiederaufbaus und dem Seelenzustand eines Deutschland nach dem Krieg.

Das Interview führte Michelle van der Veen.

 

Blick ins Buch

Publikation: Stillleben BRD, Januar 2016
herausgegeben von Amely Deiss, Kunstpalais, Stadt Erlangen,
mit Texten von Philipp Albers, Paulina Czienskowski, Timo Feldhaus, Philipp Felsch, Nina Franz, Holm Friebe, Alexandra Heimes, Rafael Horzon, Oliver Kohlmann, Markus Krajewski, Jan Küveler, Harun Maye, Heike Melba-Fendel, Milena Mercer, Antonia von Schöning, Clemens Niedenthal, Cornelius Reiber, Frédéric Schwilden, Anne Waak.
Gestaltung: Mario Biehs, Hamburg

ISBN: 978-3-7356-0203-9

Zur Person

Christian Werner | Foto: Martin Bilinovac

Christian Werner | Foto: Martin Bilinovac

Christian Werner lebt als freier Fotograf in Berlin und veröffentlicht neben seinen fotografischen Essays auch regelmäßig Arbeiten aus dem Reportage- und Porträtbereich in Magazinen und Zeitungen (ZEITmagazin, Spex, Interview, 032c, NEON, Spiegel, Welt am Sonntag).

Seine Serie „Stillleben BRD“ ist noch bis zum 3. April im Kunstpalais Erlangen zu sehen.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

#Kerberverlag

>> <<